Meine Arbeit als Kindertagespflegeperson

Das besondere am Konzept der Kindertagespflege allgemein:

Betreuungsplätze sind knapp. Oftmals haben Eltern gar nicht die Wahl, wo sie ihr Kind betreuen lassen. Möglichst viele Plätze, für möglichst lange Zeiträume, dass scheint im Vordergrund der heutigen Kinderbetreuung zu stehen. Dabei benötigen doch gerade die kleinsten unter den Kindern einen besonders geschützten Rahmen. Genau diesen geschützten Rahmen bietet die Kindertagespflege. Hier werden die Kinder in kleinen Gruppen meistens familiennah betreut.

Hier hat eine Kindertagespflegeperson noch die Zeit und den Raum, jedes Kind als ein Individuum zu sehen, wahrzunehmen und gezielt zu fördern, zu unterstützen und zu begleiten.

Die kleinen Gruppen bieten noch weitere Vorteile. Das Ausbilden von sozialen Kompetenze im, für Kleinkinder, überschaubarem Rahmen. Gruppenregeln sind weniger umfangreich, unkomplizierter und auch manchmal leichter dehnbar. Der Geräuschpegel, der den Kindern Stress bereitet ist deutlich milder. Eine bedürfnisorientierte Begleitung, selbst bei den Kleinsten, ist möglich.

Die gesetzliche Vorgabe für die Kindertagespflege lautet, genau wie in jeder KiTa: Betreuung, Bildung, Erziehung.

Erziehung? Ja, aber bedürfnisorientiert? Und was bedeutet das für mich?

Bindungsorientierte Elternschaft oder Attachment Parenting geht davon aus, dass Kinder sich gesund und richtig entwickeln, wenn sie in einer liebevollen und sicheren Bindung zu mindestens einer Bezugsperson aufwachsen. Dazu gehört, bei Babys, ihre Grundbedürfnisse, zu denen auch Körperkontakt gehört, umgehend zu stillen.

Klingt nach verwöhntem Kleinkind, dass ständig schreit, weil es weiß, dass es damit seinen Willen bekommt? Falsch! Kleinkinder sind nicht manipulativ! Und es bedeutet auch nicht, dass Kinder jeden Willen bekommen. Es bedeutet, dass wir ihnen auf Augenhöhe begegnen, ihre Bedürfnisse, wenn wir sie nicht erfüllen können, zumindest ernst nehmen. Attachment Parenting schließt die Bedürfnisse der Erwachsenen nicht aus, es geht aber davon aus, dass wir entscheiden können, wessen Bedürfnis gerade das dringlichste ist und wie gute Kompromisse gefunden werden können. Einschlafbegleitung und Tragen, dass sind Standardbegriffe aus dem AP, die auch in meiner Kindertagespflege zum Alltag gehören. Bedürfnisorientiert eben.

Jegliche Form von Gefühlen sind richtig und wichtig. Das heißt, sollte ein Bedürfnis nicht erfüllt werden können, nehme ich seine Gefühle ernst und begleite eventuelle Gefühlsausbrüche mit Verständnis, bin präsent und fange das Kind auf, so wie es das gerade braucht.

Und nein, dass hat nichts zu tun mit anti-autoritär oder gar laissez-fair. Es ist keine Form von Erziehung sondern eine Beziehung, eine enge Begleitung. Erziehung, ursprünglich betrachtet, bedeutet für mich, gewünschtes Verhalten zu erzwingen. Entweder mit Belohnung oder eben durch Strafen. Beides gibt es hier nicht!

Manipuliertes Benehmen ist, in meinen Augen nicht erstrebenswert, sie lernen durch unser Vorbild und durch natürliche Grenzen die Regeln der Gesellschaft wie von allein. Und das heißt nicht nur, dass ich mich hinhocke und alles erkläre. Nein, ich behandel jedes Kind respektvoll, wie jeden anderen Menschen auch. So, wie auch ich behandelt werden möchte. Eben: Auf Augenhöhe.

Ich begleite die Kinder auf dem Weg, den sie sowieso gehen. Bildung ist ein Prozess, der sowieso passiert. Jedes Kind bildet von selbst seine Persönlichkeit aus. Ich sehe mich als Begleiter, als Helfer, als Unterstützer und wenn es sein muss, als Fels in der Brandung.

Was mir wichtige Werte sind? Höflichkeitsfloskeln wie „Bitte“ und „Danke“, Begrüßungen und Verabschiedungen (ohne erzwungenen Körperkontakt), Ein respektvoller Umgang mit Ressourcen, ein respektvoller Umgang mit anderen Lebewesen; Um nur einige zu nennen.

Beispiele aus dem Alltag: Wir werden gemeinsam frühstücken, aber wer keinen Hunger hat, muß hier nicht essen. Niemand muss am Tisch sitzen bleiben, der nicht sitzen bleiben möchte. Stillsitzen isst wieder der Natur eines Kindes. Ich bleibe aber sitzen, bis die Kinder aufgegessen haben.

Die Windel ist voll und das Kind mag nicht gewickelt werden?

Der Lieblingsteddy kommt und sagt: „Bitte lieber Paul (fiktiver Name), darf ich Dir den Popo sauber machen… Gibst Du mir bitte den Waschlappen? … Vielen Dank, jetzt bist Du wieder sauber.“

Als Spiel machen wir nach dem Wickeln oft das Uhrenspiel. Die Kinder kennen und lieben das und mögen eigentlich gern gewickelt werden, weil sie sich schon darauf freuen.

Und jetzt zur Förderung:

Wenn die Kinder sich selbst bilden und ich sie dabei nur begleite, so fragen Sie sich sicher, wie ich der Förderung nachkommen kann.

Das kann ich. Sehr gut sogar. Mit dem Konzept der Naturpädagogik.

Das bedeutet für mich gar kein spezielles Angebot, sondern vielmehr eine Grundhaltung.

Einmal bedeutet es für mich den natürlichen Umgang mit dem Alltag.

Ich besorge keine künstlichen Steckspiele, wenn im Garten die Erbsen darauf warten gedöppt zu werden. 

Wir springen lieber in Matschepfützen als auf Trampoline in stickigen Turnhallen.

Da wird die Grobmotorik gefördert und wenn es dabei in alle Himmelsrichtungen spritzt schlagen Kinderherzen höher.

Wir kochen gemeinsam unser Mittagessen anstatt in der Kinderküche Schaumstoffgemüse zu kochen. Was nicht bedeutet, dass ich keine Kinderküche zum spielen habe. Denn natürlich gibt es die!

Aber die Feinmotorik wird mit viel mehr Motivation geschult, wenn es hinterher ein leckeres Ergebnis gibt.

Natürlich haben wir Bilderbücher zum Thema „Bauernhof“. Aber in dem wir unsere Hühner selbst füttern können und anschließend die Eier finden und essen können, bedienen wir nicht nur die Sprachförderung, sondern alle Sinne werden geschult und beinah sämtliche Bereiche gefördert.

Wir machen Fotos bei unseren Unternehmungen und schauen uns unser „eigenes Bilderbuch“ auf einem digitalen Rahmen im Wundergarten an und reden über unsere echten Geschichten. So macht Sprachförderung Spaß.

Der Sand fliegt von der Schaukel, wenn ich sie anschubse, dass ist angewandte Physik.

Wie viele Steine passen in meine Schachtel, dass ist Mengenlehre.

Und wussten Sie, dass beim Klettern die selben Gehirnareale angeregt werden wie beim mathematischen Rechnen?!

Wir gehen in den Wald und spielen mit Stöckern und Steinen, wir beobachten Tiere und Insekten in ihrem natürlichen Lebensraum, dabei lernen wir nebenbei und ganz selbstverständlich wie Pflanzen riechen, aussehen und sich anfühlen.

Ich habe mir im Laufe der Zeit einen kleinen Wissensschatz über natürlich vorkommende Pflanzen angeeignet, den ich stetig ausbaue. So kann ich viele Pflanzen auch benennen und entscheiden, welche auch probiert werden dürfen.

Sogar Wildkräuterspinat oder Brennesselsuppe kommen auf unseren Mittagstisch.

Das ist für mich Naturpädagogik, leben in und mit der Natur. Ihre Schätze bewahren, wertschätzen und nutzen. Das versuche ich den Kindern zu vermitteln.

Wir treten auf keinen Käfer, wir beobachten ihn und lassen ihn seiner Wege ziehen.

Pflanzen werden nicht einfach mit Stöckern abgeschlagen, wir suchen die Raupe, die in ihnen nimmersatt vor sich hin futtert.

Das ist ein Großteil meiner Arbeit mit den Kindern.

Kinder sind unsere Zukunft und nur wenn sie unsere Ressourcen kennen und lieben lernen, dann sind sie auch bereit sie nachhaltig zu schützen und ich bin der Meinung, dass das Gewissen dafür schon die ganz kleinen entwickeln können.

Wir müssen ihnen nur zeigen, wie wunderschön, reich und spannend unsere Natur ist.

Dazu gehört natürlich auf der verantwortungsvolle Umgang mit Ressourcen.

Keine Wasserverschwendung, kein unnötiger Plastikmüll, da gehe ich aber nicht bewußt drauf ein, dass ist einfach meine Lebenshaltung, die die Kinder da mitbekommen.

Andererseits bedeutet für mich Naturpädagogik auch Partizipation und Selbstbestimmung.

Wie fühlt sich der Sand zwischen den Zehen an?

Hier darf jeder seine Schuhe ausziehen und es ausprobieren.

Und nicht nur im Sand. Wer herausfinden möchte, wie es ist, barfuß im Schnee zu laufen, der darf das auch ausprobieren.

Natürlich ist ein frierender Körper anfälliger für Viren und Bakterien, die andererseits krank machen können.

Aber, richtiges Frieren verursacht körperlichen Schmerz.

Kein Kind erträgt freiwillig körperliche Schmerzen. Also wird auch kein Kind freiwillig frierend spielen. Und wir haben immer dabei was wir brauchen um uns jederzeit wettergerecht anzuziehen, auch unterwegs noch. Ich schaue hier keinem Kind beim Frieren zu, ich lasse es nur selbst herausfinden, dass die dicke Jacke nötig ist.

Ein bisschen Kälte ist förderlich. Es bringt uns Menschen dazu uns aktiver zu bewegen, was wiederum sehr gut für unsere Entwicklung ist. Das heißt, es ist eher hinderlich Kinder zu dick einzupacken.

Und wenn die Ohren vor Kälte zwicken, dann setzt selbst ein kleiner Dickkopf freiwillig die Mütze auf. Besonders dann, wenn ich, als erwachsenes Vorbild, ebenfalls eine Mütze trage.

Im beschützten Rahmen lasse ich die Kinder ihre Erfahrungen selber machen.

Sand essen? Gehört doch zum Kind-sein dazu. Er ist ungiftig und wird wieder ausgeschieden.

Die Kartoffel in den Tee dippen. Warum nicht? Das Kind muss es doch probieren um zu wissen, dass es nicht schmeckt.

Es gibt kein falsch. Es gibt nur ein anders.

mde

Kinder lernen aus Erfahrungen fürs Leben und nicht durch befolgen unserer überängstlichen Einschränkungen.

Klettern auf ein Gerüst? Wenn Du Dir das zutraust, dann darfst Du es tun. Ich bin da, sichere Dich und fange Dich notfalls auf.

Das ist für mich auch Naturpädagogik. Natürlich seine Erfahrungen machen, „sein“ dürfen und nicht in einem starren Rahmen, den wir uns in unserer Erwachsenen-Welt geschaffen haben.

Und auch im Haus darf nach Herzenslust gespielt werden. Dabei dürfen auch schon mal die Wallnüsse in der Lego-Eisenbahn fahren oder die Instrumente von den Teddybären gespielt werden. Kreatives Spiel macht Spaß und fördert die Hirnentwicklung.

Die Kinder lieben es zu singen, tausend mal das selbe Lied, Fingerspiele, Kniereiter und Reime gehören hier täglich zu meinem Angebot. Weil es die Sprache fördert? Nein, weil die Kinder es lieben.

Für Bewegung ist auch im Haus gesorgt. Schaukel, Wippe, Rutsche, Bällebad, Springmatte… das und vieles mehr steht uns auch bei Regenwetter zur Verfügung.

Wir stellen selber Knete her, wir backen, auch schon mal einen Geburtstagskuchen für die Mama oder den Papa.

Wir malen mit Fingerfarben, dass Bild ist nicht perfekt?

Natürlich nicht. Das ist ganz allein vom Kind, ohne Hilfe gemalt worden. Und das macht es um so perfekter. Die Kinder dürfen hier ihre Kreativität ausleben, ohne das ich daneben stehe und ihnen sage wie es sein soll, auch wenn das Ergebnis anders ist, als wir es erwarten würden.

Und die Kinder sind so stolz und so glücklich wenn Sie etwas selbst geschaffen haben.

Nichts kann das Selbstwertgefühl so stärken wie diese Erfahrungen.

Die Kinder sollen sich hier wohl, geborgen und respektiert fühlen.

Sie sollen ihre Kinder gern und ohne schlechtes Gewissen zu mir bringen, dass ist mein Antrieb.

Und das Ziel meiner Arbeit?

Die Kinder Kinder sein lassen. Den Alltag entschleunigen. Augen fürs Wesentliche haben. Sie auf ihrem Weg begleiten. Sie in ihrem Selbst zu stärken und sie optimal auf die Zeit im Kindergarten und auf ihren weiteren Lebensweg vorzubereiten.